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Karl May und ich (oder sollte ich besser "Ich und
Karl May" – so wie er es immer tat – sagen?) Vor 40 Jahren war Karl May für mich - wie wohl für die meisten
meines Alters - der Schriftsteller schlechthin. Jeder in der Schule wusste von
"seinem" Karl-May-Buch spannendste Abenteuer zu berichten. Beim
Spielen identifizierten wir uns mit den Helden der Erzählungen. Ernsthafte
Diskussionen, ob er nun oder vielleicht doch nicht (alles selbst erlebt hat, im
Knast war und dergleichen mehr) waren oft wichtiger als das, was an Wissen uns
die Lehrer mit auf den Weg in die Zukunft geben wollten. Doch mit der Zeit
verblasste der Stern "May". Andere Interessen traten in den
Vordergrund, mit ihnen kamen auch andere Autoren. Aber ganz tief drinnen lebte
er immer noch weiter, als Traum längst vergangener Jugendtage. Und einer meiner
größten Träume war es, einmal alle Karl-May-Bücher der Grünen Reihe selbst
zu besitzen - ein Traum, den ich mir seit Ende der 70iger Jahre dann endlich erfüllen
konnte. Doch damit nicht genug: Auch die Bücher anderer Ausgaben fanden plötzlich
mein Interesse – meine liebe Frau schlägt mittlerweile die Hände über dem
Kopf zusammen, wenn ich mir wieder irgendwo einen "neuen" Karl May
bestellt oder gekauft habe. Und mit dieser Sammelleidenschaft begann noch etwas anderes: Nicht
nur, dass ich jedes neue Buch (z.T. wieder) las, ich begann zwischen den
verschiedenen Ausgaben zu vergleichen. Heute nehme ich mir für
"meinen" Karl May Zeit – keine Einschlaflektüre mehr, dafür gibt
es anderes – ich lese, wenn möglich, mehrere verschiedene Ausgaben
nebeneinander und versuche Unterschiede zu entdecken. Ein sehr interessantes
Unterfangen. Die Münchmeyer-Romane sind zu einem Steckenpferd geworden. Hier
will ich sogar einmal versuchen – weil es für mich selbst vorher nicht
nachvollziehbar war -, die Unterschiede in kleinen Abhandlungen schriftlich
herauszustellen. Vielleicht kann ich damit auch mal jemandem den Einstieg in
diese Arbeiten des Schriftstellers erleichtern. Ich möchte betonen, dass ich
hierbei nichts grundsätzlich Neues erarbeite, sondern nur die angegebenen Werke
in Form von Inhaltsangaben bzw. Nacherzählungen wiedergebe. Und für meine
Beurteilungen spielen auch die Vor- und Nachworte in den Büchern sowie die
Kommentare verschiedener Autoren eine große Rolle. Ich hoffe, die Herren
Augustin, Eicke, Lorenz, Pleticha und Schmid verzeihen, wenn ich ihre Gedanken
verwende und mit meinen Worten schriftlich festhalte. Seit der neuerlichen Beschäftigung mit dem Schriftsteller und
seinem Werk finde ich plötzlich immer mehr Gleichgesinnte. Leute, die man schon
seit Jahren kennt, "outen" sich nun als Karl-May-Fans. Wieder werden
Gespräche geführt, deren Inhalt die Bücher unseres Schriftstellers sind. Die
Themen sind heute zwar andere wie früher, aber es ist immer noch so spannend
wie vor 40 Jahren. Hubert Dörrenbächer, geb. 26.12.48 in Neunkirchen Wohnhaft in 66280 Sulzbach, Sulzbacherweg 1 Förster, seit 1974 Leiter des Forstrevieres Sulzbach im Saarland |
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